24.08.2022 | Blog
Das Wunder von Aquello
25 Jahre Kulturszene Kottingbrunn. Mein Theaterstück „Das Wunder von Aquello“ zeichnet diese 25 Jahre nach. Und noch viel mehr.
Foto: Nicole Gerfertz-Schiefer und Franz Schiefer bei der Premierenansprache zu „Das Wunder von Aquello“, Fotocredit: Gerhard Maly
Ich kenne die Kulturszene Kottingbrunn ja erst seit der „Faust“-Produktion 2006. Damals wurde die „Kulturwerkstatt“, der große Theatersaal im Wasserschloss Kottingbrunn, frisch renoviert und wunderschön (das ist er heute noch) eröffnet. Aus Erzählungen und von Fotos weiß ich, dass 1997 bei der erste Theaterproduktion der Kulturszene Kottingbrunn im Wasserschloss das Ambiente noch ein deutlich anderes war. Zwar wild romantisch und irgendwie auch wunderschön. Aber alles doch ein wenig verfallen (es regnete z.B. rein… nicht nur an einer Stelle…). Mittlerweile ist auch der kleine Saal, der sogenannte Markowetztrakt saniert und renoviert.
Das alles wurde möglich, weil ein paar kulturbegeisterte Menschen einfach wollten, dass es passiert. Sie wollten, dass Kunst und Kultur auch in einem „kleinen Nest“ wie Kottingbrunn stattfinden können. Ich verneige mich vor dieser unglaublichen Leistung der Beteiligten! Wer mehr darüber wissen will, kann hier einiges über die Entstehungsgeschichte der Kulturszene Kottingbrunn nachlesen.
Auf jeden Fall saß ich im September 2016 in der Kulturszene Kottingbrunn und sah mir die Premiere von „Hamlet“, der 20. Septemberproduktion, an. Und da es ein Jubiläum war, gab es vor dem Beginn des Stücks einen kleinen musikalischen Rückblick auf alle 20 Septemberproduktionen. Da schoss mir die Idee durch den Kopf, dass man eigentlich die Geschichte der Kulturszene Kottingbrunn auf die Bühne bringen sollte. Dass so etwas wie die Kulturszene rein durch Leidenschaft einiger Menschen aufgebaut werden konnte, ist ein Wunder! Diese Geschichte muss doch erzählt werden! Das habe ich dann gemacht: „Das Wunder von Aquello“!
Die Kerngeschichte des Stücks ist die tatsächliche Entstehungsgeschichte der Kulturszene Kottingbrunn. Darum herum habe ich ganz viel dazu erfunden und theatral überhöht. Also unter uns: Ich habe noch nie eine Muse in Kottingbrunn gesehen (und auch sonst nirgends, aber vielleicht habe ich sie/ihn auch nicht erkannt), aber WENN es Musen gibt, sind sie sicher auch in Kottingbrunn zuhause. In „Das Wunder von Aquello“ kommt daher eine Muse auf die Erde und landet – „bisschen Zufall, bisschen Schicksal, vielleicht vorherbestimmt, wer weiß das schon“ in Aquello (das irgendwie ziemlich ähnlich zu Kottingbrunn ist, es gibt dort z.B. auch ein Wasserschloss, das „Aqua Castello“). Diese Muse unterstützt die Menschen in Aquello dabei, mehr Kultur zu leben und mehr Kultur erlebbar zu machen. Das Wunder gelingt, allen Widrigkeiten zum Trotz. Neben vielen anderen Ereignissen in dem Stück – Liebe, Eifersucht, Neid, Freundschaft, Hoffnungen und Ängste – geht es auch um die Frage, die sich vielleicht so manche:r Künstler:in stellt: Wie wird man „groß“? Also „groß“ im Sinne von „berühmt“? Oder „bedeutend“? Oder… Was heißt eigentlich „groß“ sein? Ich möchte hier eine Figur aus „Das Wunder von Aquello“ zu Wort kommen lassen. Und zwar die Chefin der Musen, Benevolentia: „Es gibt unterschiedliche Arten, groß sein zu wollen. Aber am Ende der Zeit sind wir alle nur ein Kieselstein am Strand. Klein. Unbedeutend. Einer unter Milliarden. Und vom Wasser immer wieder umspült und geschliffen und verändert…“
Vielleicht geht es gar nicht darum, „groß“ zu werden. Wenn ich mir die Frage stelle, warum ich Theater mache, warum es mir ein solches Bedürfnis ist, eigene Stücke auf die Bühne zu bringen, dann nicht um berühmt, bedeutend, bekannt (oder gar reich) zu werden (wobei manches davon in einem gewissen Maße und einem gewissen Sinn vielleicht ganz schön wäre). Sondern ich mache es, weil ich so viele Geschichten in mir trage, die ich gerne erzählen möchte, mit denen ich andere Menschen berühren möchte, weil diese Geschichten mich berühren. Geschichten prägen uns. Begegnungen mit Menschen – auch mit fiktiven aus Theaterstücken – prägen uns. Lassen wir uns im Theater gemeinsam von Geschichten berühren. Mit „Das Wunder von Aquello“, das wir im Mai 2022 im großen Saal der Kulturszene Kottingbrunn auf die Bühne gebracht haben, ist uns genau das gelungen! Das haben mir viele Zuschauer:innen (manche kannte ich, manche nicht) nach der Vorstellung erzählt. „Ich habe vor Freude geweint und unter Tränen gelacht“, hat ein Zuschauer nach einer Vorstellung zu mir gesagt. Dafür mache ich Theater. Danke!
Für diese wunderbare Gelegenheit danke ich der Kulturszene Kottingbrunn, allen Mitwirkenden von „Aquello“ (auf, hinter, vor und seitlich der Bühne!) und ganz besonders Franz Schiefer, weil er von der Idee bis zur letzten Aufführung (und darüber hinaus) immer an mich und Aquello geglaubt hat.
Benevolentia in „Das Wunder von Aquello“: „Menschen sind wie Kieselsteine am Strand. Und gute Geschichten sind wie das Meer, das sie umspült.“